Guadeloupe: Rum und Karneval

«Ten, nine, eight…..one! Happy New Year! Welcome 2023!»
Ein neues Jahr, ein neues Leben, eine neue Insel. Wir feiern den Jahreswechsel auf SV Take 5 von Suzi und Emmanuel, gemeinsam mit unseren holländisch-indischen Freunden.

Am Morgen des 31. Dezembers hatten wir Dominica verlassen, um nach Les Saintes, der kleinen Inselgruppe vor Guadeloupe wo SV Take 5 und SV My Motu liegen, überzusetzen. Dominica hatte uns verzaubert und wir verlassen die Insel nur ungern. Die Überfahrt ist kurz, doch die Wellen sind so hoch, dass wir oft nicht über den Wellenkamm sehen, wenn Mabul im Wellental angekommen ist.

Die Überfahrt von Dominica nach Les Saintes ließ Mabul in tiefe Wellentäler abtauchen

Zudem bläst der Wind mit bis zu 30 Knoten, Windstärken, wie wir sie nur in Griechenland, jedoch nie in der Karibik erlebt hatten. Petra, Alex’s Mutter, erweist sich auch bei rauer See als äußerst seefest und lässt sich auch von der einen oder anderen Welle, die ins Cockpit schwappt, nicht beirren. Müde von der anstrengenden Überfahrt fallen wir nach dem mitternächtlichen Neujahrsmahl und einigen Schlucken Sprudel ins Bett. Im neuen Jahr erwachen wir mit neuer Energie, bereit für die bevorstehenden Abenteuer, die 2023 bestimmt für uns bereit halten wird.

Am ersten Tag im neuen Jahr klettern wir auf einen Hügel, von dem wir einen wunderbaren Blick über die kleine Bucht haben, in der unsere Boote liegen. In der Ferne sehen wir die Umrisse von Dominica und auf der gegenüberliegenden Seite Guadeloupe.

Der Blick am ersten Tag von 2023 über die Bucht von Les Saintes, wo Mabul liegt

Nord-östlich liegt Marie-Galante, bloß als schwacher, flacher Schatten erkennbar. «Dort wird der stärkste Rum der Karibik gebrannt», erzählt Emmanuel, eine Tatsache, die vor allem bei Alex und Jeroen Interesse weckt. Die Inselgruppe von Les Saintes wird zu Recht auch das Saint Tropez von Guadeloupe genannt, ein Baguette kostet hier 6 Euro und Frauen führen ihre Hüte spazieren. Nach dem wilden Dominica ein ziemliches Kontrastprogramm, das uns nicht richtig begeistern kann… Wir entscheiden uns deshalb am nächsten Tag mit unseren Reisegefährten von SV My Motu nach Marie-Galante zu segeln.

Von Les Saintes nach Marie Galante zu segeln, bedeutet im Zickzack-Kurs gegen den Wind zu segeln. So wird die Strecke von 15 Seemeilen, die die beiden Inseln trennt, doppelt so lang für uns. Gemeinsam mit SV My Motu setzen wir um 11 Uhr die Segel und los geht’s, auf zur nächsten Regatta.

Im Zickzack-Kurs geht’s gegen den Wind nach Marie Galante

Bei konstantem Wind segeln wir die ersten drei Stunden dicht beieinander und unterhalten uns ab und zu über Funk über die neusten Misserfolge unserer Fischerversuche – sowohl auf SV My Motu als auch auf Mabul ziehen wir einzig Seegras an Deck. Als der Wind etwas schwächer wird, nehmen wir das Reff aus dem Hauptsegel und fahren kurz darauf eine Wende. In diesem Moment reißt sich der Großbaum los. Der Stift im Schäkel, mit dem das Großschot befestigt war, hat sich gelöst und der Baum knallt nach Steuerbord, wobei der Wind kräftig ins volle Segel bläst. Alex versucht mit aller Kraft den Baum zurück zu ziehen und ich schlage das Ruder bis zum Anschlag ein, doch der Wind ist zu stark, es bleibt uns nichts anderes übrig, als eine Q Wende zu fahren und den Stift diesmal sicher im Schäkel zu befestigen.

Die Aktion hat uns einige Minuten und ein paar Nerven gekostet und SV My Motu ist längst an uns vorbei gezogen. Eine halbe Stunde später sehen wir jedoch, wie SV My Motu eine Kehrtwende macht und auf dem Kurs zurückfährt, von dem wir gekommen sind. Wir greifen zum Funk: „My Motu, My Motu, why are you turning?“ Die Antwort kommt mir einiger Verzögerung: „We lost our Dinghy, but got it back and tied it up…“ Um das Dinghy, das sich losgerissen hatte, wieder einzufangen, musste Jeroen gesichert mit Weste und festgebunden an einer Leine, ins Wasser springen, zum Dinghy schwimmen, reinklettern und es dann zurück zum Boot fahren. Die Überfahrt nach Marie Galante wird so für uns beide zu einer Überfahrt mit Panne, doch schließlich, nach sechs Stunden erreichen wir Marie Galante.

Unberührt und weiß sind die Strände der Pfannkuchen Insel

Vor einem langen Sandstrand, der von einem dichten, grün leuchtenden Wald gesäumt ist, werfen wir Anker. In einiger Distanz sehen wir das große Verladungsdock der letzten verbleibenden Zuckerfabrik der Insel. Nachdem wir das Segel eingepackt und die Leinen zusammengerollt haben, inspiziert Alex die Maschinen – und stellt fest, dass Diesel unter den Planken des Gästebetts und bis in die Kombüse vorgedrungen ist. Milchpackungen und Tomatensaucen, die wir hier gelagert haben, sind mit einem Dieselfilm ummantelt und Alex pumpt einen Liter Diesel aus dem Boot. Er geht wie immer nach dem Ausschlussverfahren vor, um dem Problem auf den Grund zu kommen: Sind die Schlauchschellen richtig angezogen? Ja. Ist der Einfüllstutzen trocken? Ja. Haben wir etwa ein Leck im Dieseltank? Vielleicht. Oder war der Tank vielleicht einfach zu voll und etwas Diesel ist ausgelaufen? Vielleicht. Auch wenn die Probleme an Bord nie ganz verschwinden – wir sind zumindest ein wenig gelassener geworden, wenn wieder ein neues auftaucht. Nachdem die Milch- und Tomatensaucen und das Boot wieder sauber sind, sagen wir uns: abwarten. Nach der nächsten Überfahrt kontrollieren wir noch einmal…

Dann kommt die erste Nacht vor Marie Galante. Was sich am späten Nachmittag als ruhiger Ankerplatz zeigt, erweist sich in der Nacht, als Ort, an dem die Wellen seitlich heranrollen und Mabul in eine wild schaukelnde Wiege verwandeln. So ankern wir am nächsten Tag um und werfen den Anker gleich vor Saint Louis, dem kleinen, verschlafenen Provinznest der Insel. Von hier beginnen wir am nächsten Tag per Auto unsere Erkundungstour der flachen Insel, deren Süd- und Nordende nur zwanzig Autominuten voneinander entfernt liegen – zwanzig Minuten, in denen sich in Ruinen, Mühlen und alten Plantagen eine Geschichte verbirgt, die von Blut, Zuckerrohr und Schnaps erzählt.

Wie überall in der Karibik, wäre auch in Marie Galante die Geschichte anders verlaufen, hätte Christoph Kolumbus die Insel nicht entdeckt

Marie-Galante ist 158 Quadratkilometer gross, gehört zu Guadeloupe und liegt kreisrund im Atlantik weshalb man sie auch Pfannkuchen Insel nennt. Wie alle Inseln in der Karibik, wäre ihre Geschichte und ihre Bevölkerung heute eine ganz andere, wäre sie vor einigen Jahrhunderten nicht von den europäischen Seefahrern entdeckt und von Siedlern eingenommen und besiedelt worden. Glaubt man dem Touristenbüro von Marie Galante, war die flache, runde Insel, die erste, die Christoph Kolumbus am 3. November 1493 auf seiner zweiten Fahrt über den Atlantik entdeckte. Damals wohnten die Arawaken auf der Insel. Kolumbus nannte das Eiland nach dem Flaggschiff seiner Flotte «Marie Galante» und den Papst bat er, die Indigenen, die hier und auf anderen karibischen Inseln wohnten, als gottlose Untermenschen einzustufen, um sie ermorden und versklaven zu können.

Und wie überall in der Karibik verrichteten auch in Marie Galante Sklaven aus Afrika die Schwerstarbeit

Bei unserer Rundfahrt über die Insel, wird schnell klar, dass Marie Galante ein weiteres Beispiel für die Grausamkeit und Rücksichtslosigkeit der Europäer jener Zeit ist. Nachdem Kolumbus in Anse Ballet Anker geworfen hatte, wurde die gesamte karibische Bevölkerung der Insel ausgelöscht. Keine Arawaken, sondern spanische Siedler sollten leben. Diese Siedler gehörten zu den ersten, die in den Westinidies Zuckerrohr anbauten, das höchstwahrscheinlich aus Indien hergebracht worden war. Doch viele der Siedler ertrugen die harschen Lebensbedingungen nicht, starben an Krankheiten oder wurden von den Kariben oder Caribs, wie sie genannt werden, die von anderen Inseln kamen, ermordet. 1648 trafen die ersten französischen Kolonisten in Vieux-Fort ein. Fünf Jahre lang töteten sie die Kariben mit Holzkeulen. Die «Plage du Massacre» erinnert bis heute daran. Frankreich reagierte mit einer zweiten Siedlerwelle. Es schickte weitere 100 Kolonisten auf die Insel, baute bei Grand-Bourg eine Festung und rächte sich unter Gouverneur Hollel bei den Kariben mit Vertreibung, Versklavung und Völkermord. 1660 wurde ein Friedensvertrag zwischen den Kariben, den Franzosen und Briten unterzeichnet und die Franzosen begannen auf Marie Galante die ersten von Oxen betriebenen Mühlen zu bauen und großflächig Zuckerrohr anzubauen. Die Arbeit wurde von afrikanischen Sklaven verrichtet, die ab Mitte des 17. Jahrhunderts nach Marie Galante geschafft wurden – wir erinnern uns an die anderen karibischen Inseln. Die Geschichte wiederholt sich, auch wenn manchmal die Franzosen und manchmal die Briten, nie aber die Indigenen als Sieger hervorgingen. 1671 waren fast 60 Prozent der Bevölkerung schwarz, die restlichen waren Franzosen, aber auch holländische Juden, die aus Brasilien geflohen waren, zogen nach Marie Galante und verbreiteten neue Methoden für den Zuckerrohranbau mit.

Bis heute erstrecken sich Zuckerrohrfelder über die flache Insel

Noch heute wird auf Marie Galante Zuckerrohr angebaut. Die Felder erstrecken sich über die flache Insel, doch auf der «Insel der 100 Windmühlen» sind von den Mühlen, in denen das Zuckerrohr gepresst wurde, vor allem Ruinen der Windmühlen geblieben. Sie erinnern als steinerne Mahnmale an früheren Reichtum und daran, dass Zucker einst so wertvoll wie Gold gewesen war.

Unser erster Stopp auf unserer Inseltour ist die Sucrerie de Grand-Anse, die letzte Zuckerfabrik der Insel. Sie produziert jährlich 10 000 Tonnen Rohrzucker und ist der größte Arbeitgeber der Insel.

Habitation Roussel-Trianon ist ein ehemaliges Anwesen, wo Zuckerrohr angebaut und Rum gebrannt wurde. Heute sind hier nur noch Ruinen zu besichtigen.

Von hier geht’s weiter zur Habitation Roussel-Trianon, ein ehemaliges Anwesen, wo Zuckerrohr angebaut, geerntet und zu Zucker und Rum verarbeitet worden war. Von der einstigen Mühle, dem Ofen, dem Rinder- und Pferdestall sind heute jedoch nur noch Ruinen übrig geblieben. Für die Touristen wurden sie fein säuberlich hergerichtet und liegen über einen kurz geschnittenen, gut gepflegten Rasen verteilt.

Der nächste Stopp ist die Habitation Murat, ebenfalls eine ehemalige Zuckerrohrplantage mit wunderbarem Blick bis zum Meer. Hier wurde Geschichte geschrieben. 1770 hatte der bretonische Matrose Dominique Murat seine Heimat verlassen, um auf Marie Galante sein Glück zu suchen. Der damals 30-jährige Seemann gehörte einem Komitee von Siedlern an, die sich der Französischen Revolution verschrieben hatten. Während Guadeloupe königstreu blieb, wurde in Marie Galante der französische Militärkommandant von der Insel gejagt und die Inselbevölkerung erklärte ihre Unabhängigkeit von Guadeloupe und von Frankreich. Erster Präsident wurde im April 1792 Dominique Murat. Er schaffte die Sklaverei ab, gab den Sklaven Wohnungen und richtete ein Spital ein.

In der Habitation Murat wurde Geschichte geschrieben…

Doch bereits kurz darauf, im November 1794 war es vorbei mit der Unabhängigkeit von Marie Galante und die Insel wurde wieder Frankreich einverleibt und die Sklaverei 1802 wieder eingeführt. Dominique Murat blieb jedoch eine wichtige Persönlichkeit auf der Insel und ihr größter Zuckerproduzent. 1807 sicherte er sich ein repräsentatives Anwesen, die Habitation Murat. Dort arbeiteten zu jener Zeit 114 Sklaven, eine Zahl die Murat in zwei Dekaden verdreifachte – ironischerweise. Erst im Mai 1848 wird auch auf Marie Galante die Sklaverei abgeschafft. Das und ein schlimmes Erdbeben 1843 führt zum langsamen Zerfall der florierenden Zuckerindustrie der Insel.

1901 ist von der Habitation Murat nur noch eine Ruine übrig, zerfallen und von Stürmen zerstört, dann wird sie restauriert und kann nun wieder besichtigt werden. Über eine große Rasenfläche gehen wir zum zweistöckigen Herrenhaus, dem Haupthaus der ehemaligen Plantage. Von hier kann man den Blick bis zum Meer und über die Zuckerrohrfelder schweifen lassen. Im Gebäude erzählt ein kleines Museum die Geschichte der vergangenen Jahrhunderte und neben dem Hauptgebäude liegt ein Garten mit Medizinalpflanzen. Die Zuckerfabrik, die einst zur Habitation Murat gehörte, existiert heute nicht mehr, sie ging Konkurs.

Die Rumbrennerei Bielle ist eine von drei, in der bis heute Rum gebrannt wird

Von der Habitation Murat fahren wir in die Mitte der Insel und besuchen die Destillerie Bielle, eine Rumbrennerei, die bis heute braunen und weißen Rum produziert. Seit Jahrhunderten lebt Marie Galante von Zuckerrohr und Rum. Auf der Insel wird einer der stärksten Rum der Karibik gebrannt, mit einem Alkoholgehalt von bis zu 95%. Dabei wird der Rum nicht aus Melasse, sondern aus frischem Zuckerrohrsaft destilliert. Rum aus Marie Galante bestellten früher auch Frankreichs Militärs für ihre Soldaten, um so deren Kampfgeist anzustacheln.

Mabul’s Bootsbar wird um zwei Rumflaschen erweitert

Die Rumbrennereien Bielle, Bellevue und Poisson sind die letzten der einst zehn Brennereien. Wir degustieren eine Reihe von «Rhum Vieux Agricole», die drei bis zehn Jahre alt sind und bis zu 400 Euro kosten. Je älter, desto weicher und würziger fühlt sich der Rum, der im Holzfass gereift ist, in der Kehle an. Wir entscheiden uns für einen billigeren Rum, um ihn mit Fruchtsaft zu Rum Punch zu mischen, an dem wir inzwischen Gefallen gefunden haben. Ein dreijähriger Rum für spezielle Gaumenfreuden kommt auch noch an Bord.

Unweit von der Rumbrennerei Bielle befindet sich auch jene von Bellevue, die moderner und grösser erscheint und in der wir noch eine Reihe stark gesüßten und mit Vanille, Banane oder Ingwer angereicherten Rum Likör testen. Dann ist es höchste Zeit, etwas in den Magen zu bekommen, schließlich verfehlt der Rum seine Wirkung nicht, macht den Kopf leicht und die Glieder etwas wabbelig…

Im Norden von Marie Galante fallen die Klippen von Caye Plate senkrecht in den Atlantik

Auf dem Weg Richtung Norden legen wir beim Aussichtspunkt von Caye Plate einen Stopp ein, gehen durch ein kleines Wäldchen zu den Klippen, die steil in den Atlantik abfallen. Wilde Gischt spritzt den Fels hoch. In der Ferne sehen wir ein kleines Segelboot, das unter Motor der Atlantikküste entlang fährt und dabei ordentlich durchgeschüttelt wird, bis es schließlich aufgibt und umdreht.

Wer im Internet nach den schönsten Orten auf Marie Galante sucht, braucht nicht lange, um auf Anse Canot zu stoßen. Von diesem Strand aus, so heißt es, werde man ohne Zweifel auch Schildkröten sehen. Als wir jedoch in Anse Canot ankommen, wimmelt es nicht von Schildkröten, sondern von braun und rot gebrannten Tagestouristen, die am kleinen Strand Tuch an Tuch liegen. Doch wenn Marie Galante etwas zu genüge hat, dann sind das weiße Sandstrände und so fahren wir eine Bucht weiter, um in die Fluten zu springen und den Tag mit einem erfrischenden Bad zu beenden.

Nicht Schildkröten, sondern viele Touristen finden wir am Anse Canot, doch an schönen, menschenleeren Stränden mangelt es wie hier gleich daneben auf Marie Galante nicht

Nach erholsamen Tagen in Marie Galante machen wir uns an einem Morgen bereit, um nach Pointe à Pitre, wo uns Petra nach mehr als drei Wochen an Bord verlassen und nach München zurückfliegen wird, zu segeln. Kurz bevor wir Marie Galante verlassen, will ich noch ein Baguette für die Überfahrt kaufen, doch als ich bereit zur Abfahrt im Dinghy sitze, springt der Dinghy-Motor nicht an. Zum Glück haben wir in der Crew von SV My Motu wunderbare Seglerpartner gefunden und regelmäßig helfen wir uns mit Arbeiten, Werkzeug oder Dinghy-Fahrten aus. Während ich mit Aagje an Land fahre, zerlegt Alex unseren Dinghy-Motor. Doch als er ihn mit dem Vergaserreiniger säubern will, muss er feststellen, dass die Dose des Reinigers korrodiert ist…wir werden in Guadeloupe noch einmal auf das Dinghy von SV My Motu abgewiesen sein, um eine neue Dose zu kaufen. Das Meer, so lieblich und schön es sich an manchen Tagen präsentiert, ist auch der größte Feind von Büchsen, Dosen und Elektronik, die es mit jedem salzhaltigen Atemzug langsam zerstört.

Die Überfahrt von Marie Galante nach Pointe à Pitre ist bei gutem Wind von Achtern ein Katzensprung

Die Überfahrt von Marie Galante nach Pointe à Pitre bei hohen Wellen und gutem Wind geht extrem schnell, wir benötigen gerade mal zweieinhalb Stunden und machen bis zu 8,6 Knoten Fahrt, so schnell waren wir noch. Am Anfang ziehen ganze Seegrasteppiche an uns vorbei, so dass es keinen Sinn macht, die Angelschnur auszuwerfen, doch je näher wir Guadeloupe kommen, desto weniger wird das Seegras. Wir überholen SV My Motu, die bald hinter uns zurück fallen. Sie jedoch fangen einen Mahi Mahi, eine Goldmakrele, die wir am Abend alle gemeinsam essen – an unserem Angelhaken hängt wieder einmal nur Seegras. Nachdem wir Anker geworfen haben, schauen wir zuerst unter die Bodenbretter und sind erleichtert. Diesmal ist kein Diesel ausgelaufen, ein gutes Zeichen.

Vor Guadeloupes Hauptstadt Pointe à Pitre ankern wir neben gigantischen Kreuzfahrtschiffen und einem Containerhafen

Vor Pointe à Pitre zu ankern, ist nicht schön, sondern man tut das nur, weil es hier Bootsläden gibt, um wieder einmal ein paar Schrauben, Taue und Ersatzteile zu kaufen und weil der Flughafen nah ist. Wir steuern durch den breiten Kanal, den auch die Frachter und Kreuzfahrtschiffe nutzen, auf unseren Ankerplatz zu, der in der Nähe der Marina liegt. Ein riesiger Containerhafen, in dem Schiffe bis am späten Abend mit Containern beladen werden, liegt auf der anderen Seite des Kanals. Auch die MSC Seaside, ein Kreuzfahrtschiff mit einer Außen Wasserrutsche, Zipline, mehreren Pools, Restaurants und einem Spa und unbegrenzten Shoppingmöglichkeiten liegt direkt vor Point à Pitre vor Anker. Das Schiff überragt mit seinen zwölf Stockwerken die größten Stadthäuser und leuchtet abends wie ein Christbaum. Am frühen Morgen werde ich von einem dumpfen Dröhnen geweckt und als ich den Kopf durch die Luke stecke, sehe ich wie ein Containerschiff eben durch den Kanal in Richtung Meer ausläuft und dabei einen gurgelnden Wasserkanal hinter sich herzieht.

Point à Pitre wirkt an vielen Orten heruntergekommen, die Gebäude zerfallen

Am nächsten Tag wollen wir das Mémorial ACTe Guadeloupe, ein Museum über die Sklaverei, das wie ein schimmernder Fremdkörper gleich am Kai liegt, besichtigen, doch aufgrund eines technischen Defekts ist es geschlossen und so machen wir uns auf, um Point à Pitre anzuschauen. Die Stadt wirkt heruntergekommen und vernachlässigt. Viele Gebäude sind vergammelt, ihre Fenster vernagelt und das Hotel de Ville im Zentrum der Stadt sieht aus, als habe es seit Jahrzehnten keinen Gast mehr beherbergt. Und doch wirkt die Stadt bunt und lebendig, noch nie habe ich in einer Stadt so viel Straßenkunst gesehen.

Einzig Straßenkünstler bringen Farbe und Leben in die Stadt

Viele der Fassaden sind mit farbigen Portraits, überdimensionierten Katzenköpfen oder Skeleten bemalt, die sich über mehrere Stockwerke ziehen. Zwei Fenster, die nur noch nackte, dunkle Höhlen in einem verlotterten Haus sind, dienten einem Künstler als Augen im Gesicht einer verzerrten Fratze mit pink bemalten Lippen, mit der er die gesamte Hausfassade bemalt hat. Die Straßenkünstler haben die Stadt in eine große Freiluft Galerie verwandelt. Ähnliches haben wir bereits in Marie Galante gesehen: eine Insel im Dämmerzustand, doch die Wände der verfallenen Gebäude strotzen Dank einer begabten Künstlerhand voller Leben und Farbe. Was hat es mit dieser Stadt, dieser Insel auf sich? Wer sind die Künstler, die so viel Farbe und Leben auf die Hausfassaden zaubern? Die Antworten dazu findet ihr in unserem Podcast, in dem die Künstler zu Wort kommen und in dem wir einen Rundgang durch ein Theater machen, das einst der Stolz der Stadt werden sollte, bevor dieser Stadt das Geld ausging und Künstler das Gebäude besetzten.

Die Trommeln des Karnevals in Pointe à Pitre lassen uns durch die Nacht tanzen

Der Podcast über Marie Galante und die Kunstszene in Pointe à Pitre vibriert zudem von den rhythmischen Klängen des Karnevals. Dieser findet nämlich just in den Tagen in der Stadt statt, als wir vor Pointe à Pitre ankern. Seine Energie und Musik reißt auch uns fort in die Nacht und lässt uns durch die Straßen der Stadt tanzen….

Weitere Fotos aus Guadeloupe findet Ihr hier, Unterwasser Aufnahmen findet ihr in dieser Galerie.

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Veröffentlicht von Karin

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