Reparatur unter Wasser

Als wir Mabul vor einigen Monaten kauften, wussten wir von einigen Schäden und Problemen, einige hatten wir bereits behoben, eine grosse Reparatur jedoch stand noch an….der Propeller musste abgeschraubt werden – unter Wasser.

Sea Trial

Begonnen hat alles mit ungewöhnlichen Vibrationen. Wir spürten sie jedes Mal, wenn wir mit dem Motor fuhren und zwar bei beliebigen Drehzahlen. Das erste Mal hatte ich die ungewöhnlichen Vibrationen während des „sea trials“, also der Probefahrt vor dem Kauf, gehört und gespürt. Auch ein Laie erkennt sofort, dass das so nicht korrekt sein kann.

Das Geräusch? Kein Problem meinen die Beiden beim sea trial

Der Vorbesitzer hat mich bereits darauf aufmerksam gemacht, dass das Cutless Bearing (Kugellager, das die Antriebswelle unter Wasser abstützt) nagelneu ist und der Motor neu zur Welle ausgerichtet wurde. Er führte das Geräusch und die Vibration auf einen falschen Prop Pitch (Anstellwinkel der Schaufeln) zurück, das sei aber alles kein Problem. Ach ja und fetten solle ich den Prop noch bevor ich Mabul wieder zu Wasser lasse.

Ich habe damals kein Wort verstanden und mich auf den Gutachter verlassen. Der folgte der obigen Argumentation, daher war ich am Ende nicht wirklich schlauer, aber „beruhigt“….
Den Propeller ordentlich fetten und mit dem Pitch muss man sich also beschäftigen, war damals mein Fazit.

Wieder auf dem Trockenen

Soweit so gut. Der Propeller selbst ist ein, wie ich nun weiß, Bruntson H5 Autoprop. Er hat drei Schaufeln, die sich unabhängig von einander drehen können. Dadurch stellen sich die Schaufeln während des Segelns in Fahrtrichtung und verursachen so kaum noch Wasserwiderstand. Ein weiterer Vorteil ist sein prinzipbedingter, variabler Pitch. Einstellen oder ändern kann man den nicht. Konventionelle, feste Propeller drehen sich entweder während des Segelns mit (und damit auch alles bis zur Kupplung im Getriebe) oder der Propeller steht still, wenn er eingekuppelt ist. Beides keine großartigen Optionen.

Auf dem Trockenen kommt man hervorragend an die Problemstelle

Anyways, den Prop schmiere ich noch auf dem Trockenen mit einer Fettpresse ab. Dass die einzelnen Schaufeln nicht mehr die besten Lager haben, fällt mir schon damals auf. Ein Spiel zwischen Welle und Cutless Bearing stelle ich nicht fest, auch entspricht es der Wahrheit, dass dieses neu und der Motor neu ausgerichtet ist. Na dann, was soll schon schiefgehen, Mabul ist bereit für’s Wasser.

Zurück im Wasser

Nachdem Mabul wieder im Wasser ist, höre und spüre ich sofort wieder diese „lieblichen“ Geräusche.
Nun weiß ich, Fetten war nicht genug, und da der Motor und das Getriebe wie ein Kätzchen schnurren, naja eher wie ein fetter Kater, muss die Quelle der Vibrationen der Propeller sein.

Das Problem ist vor Anker nicht wirklich akut und auch irgendwie unbequem. So schiebe ich das Propeller-Problem immer auf die lange Bank und hege die Hoffnung, dass sich alles von selbst erledigen würde, wenn wir das Boot nur mal etwas weiter mit dem Motor bewegten. Wird sich schon einlaufen das Ding… Nein, tut es nicht…

Als unsere geplante Ausfahrt nach Carriacou immer näher rückt, wird das Propeller-Problem dann doch akut. Wer weiß, ob wir wieder in den Süden Grenadas, mit der guten Marina-Infrastruktur, zurückkehren werden, wenn wir erstmal Richtung Norden gestartet sind.
Der erste Schritt zur Lösung des Problems ist einfach: Sauber machen!

Der bewachsene Prop vor Anker bei Grand Anse, Grenada

Nach Wochen vor Anker mit nur wenigen Ausfahrten hat sich ein erstaunlich vielfältiges Korallenriff auf dem Unterwasserschiff und auch dem Prop gebildet. Wenn ich wissen will, was los ist, muss das weg. Freunde leihen uns eine Tauchflasche – wir hatten zwar zwei Flaschen von den lokalen Fischern gekauft, aber die lecken…-, so dass wir das Boot und den Propeller von seinem Korallenriff und den Algen befreien können. Nach einer halben Tauchflasche Druckluft und viel Gekratze unter Wasser ist wieder die Kontur und das blanke Metall des Propellers sichtbar. Erstaunlicherweise bemerke ich schon während des Saubermachens, dass ich eine der Schaufeln nicht nur drehen, sondern auch gaaanz leicht kippen kann! Nicht gut, oder auch schon, mal sehen.

Der Plan

Nach kurzer Recherche ist klar, ich muss wohl nur eine Schraube im Inneren anziehen und schon bin ich das Kippen los, und damit hoffentlich auch die Vibrationen. Aber um das machen zu können, muss der Propeller im Trockenen sein. Mabul deshalb für die Reparatur wieder an Land zu heben, ist keine Option, da viel zu teuer. Ich habe bereits einige Happy Hour-Geschichten von Unterwasser-Reparaturen gehört, auch vom Tauschen des Propellers irgendwo off shore bei schlechten Bedingungen.
Machbar also, vor allem bei ruhigen Wasser vor Anker. Und was ist schon genau der Unterschied, ob ich unter Wasser mit dem Schaber sauber mache oder Schrauben löse? Abends tüftle ich noch an der Ausführung, damit ich am nächsten Tag bei Tageslicht die Operation starten kann: Anbinden sollte ich den Prop, damit er nicht versehentlich in den Tiefen der Woburn Bay versinkt. Das Werkzeug musste ich auch sichern und generell sollte ich einfach nichts verlieren. Ich bereite also einen Eimer vor, an dem ich sämtliches Werkzeug anbinde, ein Bleigewicht kommt für die Balance noch rein und oben ein Seil, damit will ich den Eimer direkt unterhalb des Props positionieren, in der Hoffnung, dass fallengelassene Schrauben dort aufgefangen werden.

Tauchen mal anders

Glücklicherweise durfte ich das Gerätetauchen schon sehr früh im Alter von 13 Jahren lernen. Damals verbrachte ich einige Schulferien mit meiner Familie auf einem Motorboot auf dem Mittelmeer und ich ging mit meinem Vater, der mir das Tauchen beibrachte, unter Wasser. Mein ganzes Leben war ich Taucher, wenn auch mit einigen Pausen. Das hilft mir nun, mich auf die Tätigkeit unter Wasser zu konzentrieren, das Tauchen selbst blende ich völlig aus.

Ich bringe die abgeschraubte Zink Anode an die Oberfläche

So tauche ich dann mit meinem Eimer am Morgen zum Propeller. Die Zink-Anode, Klemmschraube und Sicherungsmutter kann ich wie geplant lösen. Immer eines nach dem anderen, Karin nimmt mir von Mabul aus die Einzelteile ab und reicht mir weitere Werkzeuge, wie zwei Kabelbinder, um den Nutenstein auf der Welle zu fixieren, sobald der Propeller gelöst ist. Nun sitzt der Propeller angebunden an unser Großschot eigentlich lose auf Welle, man muss ihn nur noch abziehen.
An dieser Stelle wird die eigentlich einfache Aufgabe zur Herausforderung.
Der Prop sitzt auf einer konischen Passung und wurde durch die Sicherungsmutter bei der letzten Montage darauf gepresst. Mit anderen Worten: Obwohl alles lose ist, bewegt sich der Prop keinen Millimeter, egal wie sehr ich daran ziehe.

Tüfteln, Schweißen, Schrauben….

Zurück an der Oberfläche überlege ich, was zu tun ist. Eine Werkstatt hätte nun einen Abzieher, am Besten wäre der vom Hersteller des Props erhältlichen Spezialabzieher. Klingt erstmal kompliziert, schnell aber ist klar, ich kann den Spezialabzieher einfach aus einer Platte mit ein paar passenden Löchern und einer angeschweißten Mutter nachbauen (lassen). Ich zeichne also eine Skizze, packe eine passende Edelstahlplatte ein und fahre nach Clarke’s Court, um dort beim Schweißer die Löcher bohren zu lassen und die Mutter aufzuschweißen.

Herstellen des Abziehers in der Mittagspause für ein paar Bier

Mit dem passenden Werkzeug geht dann alles sehr schnell. Der Prop löst sich kontrolliert von der Welle, ich kann den Nutenstein in Ruhe auf der Welle fixieren und schließlich den Prop aus dem Wasser auf Mabul heben.

Der Patient ist an Bord

Nun kann die eigentliche Reparatur beginnen. Zum Glück ist an Bord ein kompletter Service Kit, mit allen benötigten Spezialwerkzeugen. Nach einer Stunde ist die lose Schaufel wieder korrekt gespannt und der Prop zusammengesetzt. Ich kann kein Spiel mehr feststellen und schmiere alle Schaufeln gründlich mit der Fettpresse ab.

Alles wieder gut?

Ich tauche ein letztes Mal unter Mabul und setze den Prop auf die Welle, alles flutscht, 20 Minuten später sitzt der Prop fest auf der Welle und alle Unterwasser Werkzeuge sind wieder auf Mabul.

Der letzte Tauchgang, um alles wieder zusammen zu setzen

Wir lassen den Motor an und den Prop vor Anker abwechselnd Vor- und Rückwärts drehen. Die Vibrationen sind fast vollständig weg. Was für ein Unterschied! Aber noch nicht zu früh freuen. Der eigentliche Test kommt am nächsten Morgen, wenn wir aus der Woburn Bay Richtung Carriacou aufbrechen. Dann erst läuft der Motor und Prop unter echter Dauerlast.

Ob die Reparatur wirklich erfolgreich war und wie unser Törn nach Carriacou verlief, erfahrt ihr in meinem nächsten Blogeintrag….und bereits in unserem BoatCast „Von Fischen, Unterwasserreparaturen und der schlimmsten Nacht auf Mabul“.

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Veröffentlicht von Alex

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